Die Jugendlichen kamen nicht in eine Disko um sich in Spielen und Quizrunden zu ereifern.
Ständig strenger werdende Regelungen erschwerten zudem die Auftritte der DJ's. So gab es Zeiten, in denen die AWA verlangte, Titellisten eines jeden Auftrittes anzufertigen (ähnlich der Rundfunkplay-/Lizenzlisten). Diese Listen konnten nur unter großem Zeitaufwand erstellt werden, da die darauf aufgeführten DDR-Titel meist nicht im Repertoire des DJ's waren und erlogen werden mussten. Somit war auch dieses Kapitel DDR nur Lug und Trug. Allerdings hatten wir unterschwellig das Gefühl, dass man uns oftmals gewähren ließ, so lange wir uns nicht zu weit aus dem Fenster lehnten (Sonderzug nach Pankow, Mädchen aus Ost Berlin). Immerhin hatten wir auch die Aufgabe, die Jugendlichen ruhig zu stellen und zufrieden zu machen so weit das möglich war. Zufriedene Jugendliche meutern nicht so schnell wie eine unzufriedene Menge.
Neulich las ich einen Beitrag bei mdr in dem selbst Jörg Stempel, DJ, Mitglied der Prüfungskommission und Programmchef bei Amiga bestätigte: "Nach jeder Veranstaltung hat der DJ seine AWA-Liste eingereicht, und die entsprach nicht dem, was wirklich gespielt wurde. Die wurden abgegeben, so dass die Mischung 60:40 passte." Besonders kurios fand ich, dass die gefälschten AWA-Listen Musikern und Autoren Tantiemen bescherten, deren Titel gar nicht gespielt wurden.
Webmaster:"Bei dem Gedanke musste selbst ich schmunzeln."
Der DJ in der DDR
genoss eine umfangreiche Ausbildung. Sprachunterricht, Musik und Musikdramaturgie gehörten ebenfalls zu dieser Ausbildung wie Programmgestaltung und der Umgang mit der Technik. Um dies umzusetzen, gab es verschiedene Möglichkeiten: Elementarlehrgänge, Weiterbildungsveranstaltungen, Kreisarbeitsgemeinschaften, Diskoklubs und Werkstätten sowie die Zentrale Förderklasse Diskothek. Daneben bemühte sich die SED verstärkt, das fahrende Volk sesshaft zu machen. Denn von den inzwischen 6000 Schallplattenunterhaltern (Stand 1979/80) sind mindestens 5000 Besitzer von rollenden Diskos.
Der Alltag des DJ's
in der DDR: Gegen Jahresende wurden die Verträge für das kommende Jahr ausgehandelt, im günstigsten Fall schon vorher. Bekanntere Diskotheker hatten eine Art Manager, die diese Aufgaben erfüllten. Die unbekannteren zogen selbst von Club zu Club, ich nenne es im heutigen Jargon "Klingelputzen".
Viele Termine für das kommende Jahr wurden auch bei oder nach erfolgreichen Auftritten ausgehandelt. Viele DJ's arbeiteten hauptberuflich als Hausmeister oder anderen Alibistellen.
Dort blieb neben dem nachzuholenden Schlaf gleich noch die Zeit, Sachen zu bauen/reparieren die für die "Mugge" gebraucht wurden. Die anderen mussten sich offiziell eine Erlaubnis der Arbeitsstätte einholen um nebenberuflich tätig werden zu dürfen.
Auch ich betrieb eine sogenannte rollende Disco. Das bedeutete, abends vor dem Auftritt, das Auto/Hänger beladen. Zu damaliger Zeit hatten nur die wenigsten Clubs eine eingebaute Anlage, so musste der DJ seine eigene Anlage auf- und abbauen. Das machte sich auch finanziell günstiger.
Denn dafür gab es pro 50 Kg/km eine Entschädigung. Gut für den, der einen weiten Anfahrtsweg hatte. Lohnend war das Geschäft mit der Wegstrecke allemal. Dazu gab es pauschal für Tonträger 15 Mark und für die Technik 25 Mark. Wie schon erwähnt, lag die Realität einer "Mugge" weit ab von den Forderungen der "Offiziellen". Aus dem 60/40 Verhältnis wurden Schlechtesten falls 0/100%. Spiele, Modenschauen, Quizrunden und andere aus heutiger Sicht Diskofremde Einlagen fielen meist unter den Tisch.
Die Jugendlichen nutzten die Diskothek, wie es heute noch der Fall ist, als Treffpunkt, Kontaktbörse, zum Tanzen und zur Selbstdarstellung. Sie wollten einfach abhängen, ohne irgend welches intellektuelles Geschwätz. Keiner kümmerte sich um den Bildungsauftrag. Diskoveranstaltungen gab es zu verschiedenen Zeiten.
Am frühen Nachmittag für Kinder und die wohl üblichste Form, die Jugenddisco, fand meist von 19:00 Uhr bis 23:30 Uhr statt. Es gab auch Ausnahmen, wie Nachtclubs o.ä. dabei lief die Veranstaltung bis in den frühen Morgen. An Wochentagen war es am lukrativsten, denn dann fanden die Veranstaltungen meist offiziell zwischen 18 und 22 Uhr statt. Offiziell weil nicht vor 18:30 Uhr begonnen und vor 21:30 beendet wurde. Das waren drei Stunden Netto, sehr lohnend!